3.1 Unternehmenskultur

Aus Planspiel we.b
Wechseln zu: Navigation, Suche

Kulturen entstehen immer dort, wo Menschen miteinander in Interaktion stehen. Demzufolge bildet sich ebenso in Unternehmen eine besondere Form des kulturellen Wissens aus, die sich in dessen Werten, Normen, Haltungen und Ethik widerspiegelt (vgl. Icks 2012, S. 125). Die Unternehmenskultur als Phänomen wird seit den 80er Jahren zunehmend intensiver in der Managementlehre und -praxis diskutiert. Damalige Studien identifizierten die Unternehmenskultur als weichen Einflussfaktor für die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens (vgl. Homma & Bauschke 2010, S. 15). Als Einführung in das Kapitel wird zunächst der Begriff der Unternehmenskultur spezifiziert. Es folgt zur weiteren thematischen Vertiefung die Vorstellung des Drei-Ebenen-Modell der Unternehmenskultur nach Schein, das die Unternehmenskultur in seinen einzelnen Facetten näher beschreibt. Anschließend werden die Funktionen der Unternehmenskultur erläutert sowie der Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und Wettbewerbsvorteil herausgestellt. Abschließend wird aufgezeigt, wie Unternehmenskultur erfolgreich modifiziert werden kann.


3.1.1 Begriffsbestimmung von Unternehmenskultur

Jedes Unternehmen verfügt über eine Kultur. Mit der Unternehmensgründung entsteht die Grundlage für die eigene Kultur, die sich je nach Entwicklung des Unternehmens stärker oder schwächer im Zeitverlauf ausbildet. Die Kultur eines Unternehmens ist nicht auf dem ersten Blick ersichtlich. Denn sie setzt sich zusammen aus grundlegenden kollektiven Überzeugungen und Werten, die sich im Denken, Handeln und Fühlen der Beschäftigten widerspiegelt. Dementsprechend ist die praktizierte Kultur charakteristisch für das gesamte Unternehmen (vgl. Sackmann 2004, S. 24).

Demnach definiert Icks (2012, S. 125) die Unternehmenskultur als „die Grundgesamtheit gemeinsamer Werte, Normen und Einstellungen, die Entscheidungen, Handlungen und Verhalten der Mitarbeiter auf allen Ebenen der Hierarchie im Unternehmen prägen“. Hierbei umfasst sie nach Homma und Bauschke (2010, S. 15) unterschiedliche Merkmale, wie „das Betriebsklima, das Führungsverhalten, aber auch Leistungskriterien und Belohnungssysteme bis hin zu Organisationsstrukturen und Abläufen“. Berner (2012, S. 14f.) ergänzt seine Definition von Unternehmenskultur durch weitere Aspekte, wie u.a. der Geschichte und Erfahrungen eines Unternehmens sowie seiner hieraus resultierenden Lernprozesse.

„Unternehmenskultur lässt sich definieren als die Menge der Gewohnheiten, in denen sich ein Unternehmen von seiner Umgebung unterscheidet. Dahinter steht die Lerngeschichte des Unternehmens, das heißt die Erfahrungen, die es gesammelt hat, die Entscheidungen, die es daraufhin getroffen hat, und die Grundannahmen, die ihm daraus in Fleisch und Blut übergangen sind: Sie verdichten sich zu der <<Persönlichkeit>> oder dem >>Charakter<< eines Unternehmens“ (Berner 2012, S. 15).

Zusammenfassend beeinflusst die Unternehmenskultur als unsichtbare Einflussgröße das kollektive Denken, Handeln und Fühlen der Menschen, die in einem Unternehmen beschäftigt sind bzw. dieses leiten. Die hierfür ursächlichen Überzeugungen, Werte und Grundannahmen wirken auf vielfältige Entscheidungsprozesse innerhalb des Unternehmens, geben Orientierungen und vermitteln implizite Spielregeln für das situative Verhalten der Organisationsteilnehmer. Die bestehenden Werte werden an neue Mitarbeiter und Führungskräfte herangetragen sowie als gewünschter Verhaltenskodex vermittelt. Es kann quasi von einer kollektiven Programmierung des Denkens gesprochen werden (vgl. Sackmann 2004, S. 27f.). Das bedeutet, dass die für ein Unternehmen charakteristischen Einstellungs- und Verhaltensmuster im Zeitverlauf vom Einzelnen erlernt werden (vgl. Homma & Bauschke 2010, S. 16). Demzufolge ist die Unternehmenskultur das Ergebnis von Erfahrungen und unbewussten Gewohnheiten innerhalb des Unternehmens. Je größer ein Unternehmen ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich verschiedene Gruppen ausbilden, die eine eigene Subkultur verfolgen. Die Existenz von Subkulturen kann zur sinnvollen Ergänzung verschiedener Abteilungen und Funktionen untereinander beitragen, aber auch ein gegeneinander arbeiten befördern. Des Weiteren ist am Beispiel von Holdings von Gesellschaften ein unabhängiges Arbeiten ebenfalls denkbar (vgl. Sackmann 2004, S. 26).


3.1.2 Drei-Ebenen-Modell der Unternehmenskultur

Der amerikanische Psychologie Edgar H. Schein, ein populäre Unternehmenskulturforscher, beschreibt in seinem Drei-Ebenen-Modell wie sich Unternehmenskultur äußert. Auf der obersten Ebene des dreigliedrigen Modells befinden sich die Artefakte („artifacts“), darunter liegen die erklärten Werte und Überzeugungen („Espoused beliefs and values“) und die unterste Ebene stellen die Grundannahmen dar („basic underlying assumptions“) (vgl. Berner 2012, S. 16).

Die Artefakte sind Ausdrucksmerkmale einer Unternehmenskultur und deshalb leicht zu beobachten (vgl. ebd.). Sie äußern sich in Gesprächen und nonverbalen Verhalten beispielsweise in der persönlichen Anrede und dem Umgang der Kollegen untereinander, im Kleidungstil, in Arbeitsweisen, in Serviceleistungen, in Produkten oder auch im baulichen Erscheinungsbild des Unternehmens. Trotzdem genügen die Beobachtungen dieser einzelnen Aspekte nicht, um die Kultur eines Unternehmens zu verstehen. Die eigentlichen Bedeutung werden lediglich erkenntlich im Zusammenhang mit den grundlegenden Überzeugungen und Werten, die im Unternehmen praktiziert werden (vgl. Berner 2012, S. 16; Sackmann 2004, S. 24). Demnach ist nur ein kleiner Teil der Unternehmenskultur, wie bei einem Eisberg direkt beobachtbar. Den größten Teil der Kultur machen die Überzeugungen und Werte aus, die Prozesse, Prioritäten, Ursachenzuschreibungen, Optimierungsvorschläge, Lern- und Anpassungsmechanismen umfassen (vgl. Sackmann 2004, S. 24f.).

Welche Überzeugungen und Werte ein Unternehmen verfolgt, wird häufig in offiziellen Dokumenten wie Leitbild, Vision, Strategiepapieren und Führungsgrundsätzen festgehalten. Darüber hinaus wirken informelle ungeschriebene Regeln und Werte, die das Ergebnis von Erfahrungen und Gewohnheiten des Systems sind. Nach Schein sollen die kollektiven Werte ein Gefühl von Sicherheit und Orientierung bieten, obwohl ihre tatsächliche Gültigkeit unsicher ist (vgl. Berner 2012, S. 16).

Die Grundannahmen, die die unterste Ebene des Modells nach Schein bilden, sind am schwersten zu erschließen. Denn sie sind im Denken der Mitarbeiter und Führungskräfte eines Unternehmens tief verankert und ihnen deshalb selbst nur bedingt bewusst. Haben sich diese Grundannahmen bzw. unreflektierte Selbstverständlichkeiten erstmals verfestigt, gelten sie unausgesprochen und benötigen keiner weiteren Erklärung oder Begründung. Folglich werden sie einfach gelebt, ohne dass sie einer Legimitation bedürfen. Aufgrund dessen, dass die Grundannahmen stark verfestigt sind im Welt- und Menschenbild des Unternehmens, sind sie laut Schein schwer veränderbar (vgl. ebd.).

Als zentrale Kritik an diesem Modell wird geäußert, dass Schein die Unternehmenskultur als schwer greifbar fast schon rätselhaft beschreibt. Aber wir Menschen, die ebenfalls Mitglied ähnlicher Kulturen sind, können Denken, Verhalten und Fühlen von Kulturanhängern nachvollziehen und somit den tiefer liegenden Sinn und ggf. die Grundannahmen erschließen (vgl. Berner 2012, S. 16f.).


3.1.3 Funktionen von Unternehmenskultur

Die Unternehmenskultur kann zum Erfolg im Sinne von Produktivität und Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens beitragen, indem sie nach Sackmann (2004, S. 27f.) folgende Funktionen erfüllt: Komplexitätsreduktion, koordiniertes Handeln, Identifikation mit dem Unternehmen und Kontinuität.

Mithilfe einer kooperativen-leistungsorientierten Unternehmenskultur kann eine schnelle und effiziente Arbeitsroutine entwickelt werden, die zur Reduktion von Komplexitäten beiträgt. Das kollektive Denken wirkt sich auf die Informationsaufnahme und -verarbeitung der Unternehmensteilnehmer aus, was wiederum zu konkreten und zeitnahen Handlungen führt (vgl. ebd., S. 28).

Das koordinierte Handeln entspringt den grundlegenden Überzeugungen und Werten, die das Unternehmen nach innen und nach außen trägt. Durch ein kollektives Sinnsystem, dass sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter verfolgen, werden Richtlinien für Kommunikations- und Verhaltensstrukturen vermittelt, wie sich Handlungen, Spielräume sowie Abläufe gestalten sollen (vgl. Icks 2012, S. 126; Sackmann 2004, S. 28). Homma und Bauschke (2010, S. 16) ergänzen, dass die gemeinsamen Werte und Ziele die innerbetriebliche Kooperation effizienter gestalten, da Prozesse durch die bestehende Unternehmenskultur stabilisiert werden. Zudem fördern die Normen beim Einzelnen regelkonformes Verhalten, dass die Kontrolle dessen erhöht (vgl. ebd.). Insbesondere sind solche kollektiven Sinnsysteme von Vorteil, wenn Menschen unterschiedlicher Kulturen, Arbeitsbereiche oder Abteilungen aufeinandertreffen (vgl. Sackmann 2004, S. 29).

Weiterhin hat die Unternehmenskultur Einfluss darauf, inwieweit sich Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen identifizieren. Je nach Ausgestaltung und Realisierung der grundlegenden Überzeugungen kann eine Unternehmenskultur für den Einzelnen mehr oder weniger sinn- und bedeutungsstiftend sein (vgl. ebd.). Eine sinn- und identitätsstiftende Unternehmenskultur sollte nach Homma und Bauschke (2010, S. 15) angestrebt werden, da sie die Mitgliedschaft des Einzelnen zu der Gruppe fördert. Insbesondere Sinnvermittlung gelingt durch die Formulierung ansprechender Ziele oder indem sich das Unternehmen engagiert für gesellschaftlich bedeutende Bereiche, die für den Einzelnen ansprechend sind (vgl. ebd.). Darüber hinaus stärkt nach Icks (2012, S. 126) eine identitätsstiftende Unternehmenskultur das Zusammengehörigkeitsgefühl sowie die Motivation der Beschäftigten und kann durch die Abgrenzung zu anderen Unternehmen ebenfalls als Profilierung dienen.

Weiterhin verfügt jedes Unternehmen über eine gewisse Kontinuität, die sich aus einer kollektiven Lerngeschichte entwickelt. Sie ist das Produkt einer jahrelangen Ausdifferenzierung von individuellen Denk- und Handlungsmuster. Gemäß lerntheoretischen Ansätzen wird ein Unternehmen nach erfolgreicher Bewältigung von Problemen die bewährte Lösungsstrategie erneut einsetzen. Das kollektive Gedächtnis lässt sich im routinierten Handeln des Unternehmens ablesen, dass ihm Sicherheit und Kontinuität vermittelt. Das Zeigen und Vermeiden von bestimmten Handlungen bestimmt ebenfalls inwieweit das Unternehmen bereit ist zu lernen und bzw. sich anzupassen (vgl. Sackmann 2004, S. 29f.).


3.1.4 Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil

Seit den frühen 80er Jahren wird die Unternehmenskultur in der Literatur des praktischen Managements zur Diskussion gestellt. Demzufolge wurden viele Studien zur Thematik veröffentlicht, wie u.a. im Jahr 1992 die Studie Corporate Culture and Performance von Kotter und Heskett. Die Autoren untersuchten erstmalig den quantitativen Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und ökonomischer Performanz. Die Autoren kamen zum Ergebnis das Firmen mit einer von ihnen ermittelten kulturellen Stärke (Ertragssteigerung von 682%) höhere Erträge erzielten im Untersuchungszeitraum als Firmen mit schwachen Kulturen (Ertragssteigerung von 166%) (vgl. Homma & Bauschke 2010, S. 20). Des Weitern konnten Collins und Porras in ihrer Untersuchung Built to last (1994) nachweisen, dass die Leistung von Unternehmen stärker ist, wenn die Mitarbeiter ihr Verhalten an gemeinsamen Grundwerten ausrichten. Durch die gemeinsame Werteorientierung können im Alltagshandeln Ressourcen und Wissen effizienter eingesetzt werden, was dem Unternehmenserfolg zugutekommt. Ferner trägt das gemeinsame Wertesystem zur Motivationssteigerung als auch zur besseren Identifizierung der Mitarbeiter mit dem Unternehmen bei. Denison (2006) betont in seiner Studie, dass sich langfristig eine ausgeprägte Unternehmenskultur positiv auf den zukünftigen Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens auswirken kann (vgl. Homma & Bauschke 2010, S. 20f.). Zudem konnte in mehreren Studien der Zusammenhang zwischen einer starken Unternehmenskultur sowie einer gesteigerten Produktivität und Effizienz herausgestellt werden. Ebenso das Bundesministerium für Arbeit und Soziales verweist darauf, dass eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur ein signifikanter Einflussfaktor für den Unternehmenserfolg ist (vgl. Icks 2012, S. 127).

Demzufolge kann die Unternehmenskultur zum Wettbewerbsvorteil werden, wenn Unternehmen konkurrieren, die mit ähnlichen Produkten und Dienstleistungen auf dem Markt vertreten sind. Denn sie kann ein entscheidender Investitionsgrund für potenziellen Kunden sein (vgl. Berner 2012, S. 5). Denn nach Icks (2012, S. 127) bevorzugen Kunden diejenigen Anbieter, die sich durch Professionalität, Freundlichkeit und kooperative Fähigkeiten auszeichnen. Ebenfalls suchen sich talentierte Beschäftigte bevorzugt einen Arbeitsplatz, der von einer konstruktiven und leistungsorientierten Unternehmenskultur geprägt ist bzw. werden sich in Zukunft einen solchen Arbeitergeber suchen. Eine kooperative-leistungsorientierte Kultur wirkt sich positive auf Kunden- und Lieferantenbindungen, geringe Personalfluktuationen und dementsprechend geringen Anwerbungs- und Einarbeitungskosten aus. Auf der Beschäftigungsseite macht sich dies bemerkbar in höherer Leistungsbereitschaft, geringeren Fehlquoten und -zeiten (vgl. ebd.). Innerhalb des Unternehmens trägt sie zum Erfolg bei, indem sie eine reibungslose und effiziente Zusammenarbeit begünstigt. Jedoch kann die Unternehmenskultur nicht gute Produkte oder Leistungen ersetzen (vgl. Berner 2012, S. 3f.). Ferner haben Unternehmen mit einer produktiv zusammenarbeitenden Kultur geringe interne Reibungsverluste und einen höheren Wirkungsgrad, der Kosten verringert. Wenn Strukturen, Prozesse und Systeme (z.B. innerbetriebliche IT) innerhalb eines Unternehmens bereits weitgehend optimiert sind, kann lediglich die Kultur zu einer weiteren Produktivitätssteigerung beitragen (vgl. ebd., S. 5f.). Eine erfolgreiche Kultur kann als ein Wettbewerbsvorteil verstanden werden, da er von anderen Konkurrenten nur schwer zu kopieren ist (vgl. Berner 2012, S. 13).

Im Umkehrschluss kann eine praktizierte Unternehmenskultur auch zum Problem werden. Vielfach wurde empirisch nachgewiesen, dass viele Unternehmen oft ihre angestrebten Integrations- und Leistungsziele nicht zu ihrer Zufriedenheit erreichen konnten. Die Gründe hierfür wurden oftmals in der Unternehmenskultur verortet (vgl. Homma & Bauschke 2010, S. 21). Insbesondere bei unternehmerischen Veränderungen werden die Beschäftigten und andere Betroffene mit ihren Bedürfnissen und Kompetenzen oftmals vernachlässigt (vgl. ebd., S. 27). Ein bekanntes Bespiel ist der Fall Daimler Chrysler. Die Fusion im Jahr 1998 des europäischen Unternehmen Daimler-Benz und dem US-amerikanisch geprägten Chrysler Konzern scheiterte schließlich im Jahr 2007. Als Hauptgrund für das Scheitern wurden die kulturellen Differenzen hinsichtlich des Führungsverhalten und der Entscheidungsfindung beider Unternehmen identifiziert. An diesem Beispiel wird deutlich, dass der Faktor der Unternehmenskultur bei meist klassischen Herausforderungen (z.B. Strategieänderungen, Führungswechsel) nicht immer im Veränderungsmanagement berücksichtigt wird, obwohl kulturelle Merkmale eine entscheidende Rolle bei Geschäfts- und Organisationsthemen spielen (vgl. ebd., S. 22f.).

Die Gründe, warum der Aspekt der Unternehmenskultur meist als zweitrangig gilt, sind vielfältig. Zum einem fehlt das Bewusstsein, das die Veränderung der Unternehmenskultur zur Leistungssteigerung beiträgt. Zum anderem gilt die Unternehmenskultur als weicher Faktor und ist deshalb laut allgemeiner Meinung wenig analytisch greifbar (vgl. ebd., S. 31). Denn die Wirkung der Unternehmenskultur als weicher Faktor lässt sich nur schwer beziffern. Die Kosten entstehen beispielweise durch Personalentwicklungsmaßnahmen, Mitarbeiterbeteiligungskonzepten oder auch transparenzfördernde Maßnahmen, aber die hieraus gewonnenen Erträge lassen sich nur mühsam ermitteln (vgl. Icks 2012, S. 126). Deshalb fallen Maßnahmen, die zur Optimierung der Unternehmenskultur beitragen, meistens als Erstes finanziellen Einsparungen zum Opfer. Langfristig verursacht das Ausblenden dieser Thematik weitere Probleme und Kosten (vgl. Homma & Bauschke 2010, S. 30f.).

Eine weitere Herausforderung ist, dass die Unternehmenskultur flexible auf Veränderungen reagieren muss, die verursacht werden durch Makrotrends der Beschleunigung (z.B. Telekommunikation) und der Komplexität des sozialen und wirtschaftlichen Handelns (z.B. Globalisierung). Diese Trends wirken stark auf individuelle und unternehmerische Kontexte ein. Besonders das Management muss bei Anpassung an diese Trends die Unternehmenskultur mitberücksichtigen. Die jeweiligen Aspekte, die revisionsbedürftig sind oder die zukünftig für das Unternehmen bedeutsam sind, müssen möglichst schnell identifiziert werden, damit weiterhin vom Erfolgsfaktor Unternehmenskultur gesprochen werden kann. Gelingt die flexible Anpassung der Unternehmenskultur an das Umfeld und seine Veränderungen, kann das wiederum ein Wettbewerbsvorteil sein (vgl. Homma & Bauscke 2010, S. 27ff.).


3.1.5 Veränderung von Unternehmenskultur

Die bestehende Kultur eines Unternehmens, die durch lange informelle Lernprozesse entstand, zu verändern, erfordert organisatorisches Umlernen. Hierfür muss sich das Unternehmen bei angestrebten Veränderungen über folgende Aspekte einig sein (vgl. Icks 2012, S. 128).

UnKultur.png

Abb.: Entwicklung einer Unternehmenskultur (Icks 2012, S. 128)


Zunächst benötigt das Unternehmen eine konkrete Zukunftsvorstellung, die Orientierung bietet bei der Erreichung der gesetzten Ziele. Außerdem stellt sich die Frage, welche Strategie verfolgt werden soll um die Zukunftsvorstellungen zu erreichen? Als Ausgangspunkt sollte ein Konzept mit den angestrebten Veränderungen vorliegen. Nach der Ursachenanalyse folgt die Umsetzung von Maßnahmen. Das Leitbild eines Unternehmens dient für anstehende kulturelle Veränderungen als Handlungshilfe zur Verfügung. Die Verschriftlichung von Arbeitsvorgängen, Verhaltensregeln und Zielen machen die Werte und Überzeugungen des Unternehmens transparent. Das Leitbild erfüllt Funktionen der Orientierung, Motivation, Identifikation und Legitimation. Seine erfolgreiche Eingliederung in die betrieblichen Alltagsstrukturen des Unternehmens beeinflusst positiv, dass die angestrebten Verhaltensänderungen von Führungs- und Beschäftigtenseite realisiert werden. Das Leitbild kann als Außendarstellung genutzt werden, um die selbst auferlegte ökonomische, soziale und ökologische Verantwortung des Unternehmens zu repräsentieren. Gleichzeitig kann das Signalisieren von Bereitschaft gesellschaftliche Verantwortung leisten zu wollen, das Image eines Unternehmens erhöhen. Angestrebt werden sollte ein klares, nachvollziehbares und transparentes Leitbild für Kunden sowie Beschäftigte (vgl. Icks 2012, S.128f).

Darüber hinaus sind ebenfalls die Führungskräfte bei der Umsetzung einer neuen Kultur von Bedeutung. Denn durch die Nutzung von Mechanismen der Wahrnehmung, Anreize und Belohnung fungieren sie als Repräsentanten der neuen Kultur. Von Seiten der Führungskräfte sollten Veränderung der Unternehmenskultur offen kommuniziert und durch ihr Verhalten vorlebt werden. Hierfür sollten Ziele, Verantwortlichkeiten und ein angemessener Umsetzungszeitraum benannt werden. Weiterhin sollten Führungskräfte den Austausch mit dem Beschäftigten pflegen, gemeinsame Gestaltungsmöglichkeiten entwickeln und Leistungen wertschätzen. Die Realisierung neuer Leitlinien kann befördert werden durch Zielvereinbarungsgesprächen auf allen Hierarchieebenen sowohl durch regelmäßige Kontrollen. Ebenso sind Konsequenzen denkbar für Beschäftigte und Führungskräfte, die die im Leitbild festgehaltenen Grundsätze nicht einhalten (vgl. ebd., S. 128ff.).

Im Veränderungsprozess einer Unternehmenskultur sind bestimmte Handlungsgrundsätze zu beachten, um einen Erfolg zu gewährleisten. Die Veränderung von Prozessen und Strukturen im Unternehmen sollten geplant sein. Erwartungen und Entscheidungsbefugnisse sollten geklärt sein und Regelungen für beispielsweise Sicherheit, Qualität und Effizienz eingehalten werden. Hierbei können diese kulturellen Veränderungen allmählich an die bestehenden Gegebenheiten angepasst werden. Wichtig ist, dass in allen Umgestaltungsetappen die Beschäftigten miteinbezogen werden. Oftmals kennen sie die Praxis des Unternehmens besser als die Managementebene. Zudem ist die Einbeziehung der Beschäftigten bei kulturellen Umgestaltungsprozessen für den Vertrauens- und Akzeptanzaufbau der neuen Strukturen förderlich (vgl. ebd., S. 130f).

Generell ist der Erfolg eines solchen Veränderungsprozess stark von der Motivation der Organisationsteilnehmer abhängig. Denn Widerstände und Probleme gegenüber einem Kulturwandel sind zu erwarten. Die Förderung der Motivation der Betroffenen kann durch das Offenlegen des zu erwartenden Nutzens erfolgen. Grundsätzlich kann nicht erlernt werden, wie am besten eine neue Unternehmenskultur umgesetzt werden kann. Entscheidend ist jedoch, dass ein Verständnis über die bisherige praktizierte Kultur vorliegt. Durch das gezeigte Verhalten der Organisationsteilnehmer können mittels Beobachtung Rückschlüsse auf die Werte und Normen des Unternehmens gezogen werden (vgl. Icks 2012, S. 130f.). Folgende Aspekte sind nach Icks (2012, S. 125) als Orientierung hilfreich, wenn ein Unternehmen und sein Führungspersonal sich seiner eigenen Kultur annähern möchte: Worin ist die Motivation der Beschäftigen begründet? Welche gemeinsamen Werte existieren im Unternehmen sowie in den einzelnen Abteilungen und Geschäftsbereichen? Wie hat die Geschichte des Unternehmens die Mitarbeiter geprägt? Wie gestaltet sich die Außendarstellung des Unternehmens (z.B. Leitbild)? Wie wird von Mitarbeiterseite der Führungsstil des Unternehmens empfunden? Welche Konflikte behindern eine erfolgreiche Zusammenarbeit? (vgl. ebd., S. 131). Trotz alledem einen verbindlichen Kulturkriterienkatalog kann es laut Homma und Bauschke (2010, S. 31) nicht geben. Denn obwohl die Unternehmen meist ähnliche Prinzipien definieren, variiert die Umsetzung dieser Leitlinien meist stark voneinander (vgl. ebd.).


Zusammenfassung

Die Kultur eines Unternehmens drückt sich in gemeinsamen Werten, Normen und Einstellungen aus, die sowohl auf die Außendarstellung als auch auf innerbetriebliche Prozesse wirken. Jedes Unternehmen hat seinen eigenen Charakter, der sich mit der Unternehmensgeschichte ausgebildet und zu gewissen Gewohnheiten beiträgt. Insbesondere Überzeugungen und Grundannahmen, die sich im Denken und Handeln von Mitarbeitern und Führungskräften etabliert haben, bestimmen maßgeblich u.a. die Kommunikation, das Verhalten der Kollegen untereinander und die Entscheidungsprozesse im alltäglichen Geschäft. Diese ungeschriebene Gesetzmäßigkeiten lassen sich nur schwer greifen, da dessen Mitglieder sie selbst nur bedingt benennen können. Trotz ihrer meist unbewussten Wirkung kann eine Kultur zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil für ein Unternehmen werden. Besonders eine kooperative-leistungsorientierte Unternehmenskultur trägt zur Produktivität und Wirtschaftlichkeit bei, indem sie eine bessere organisationale Zusammenarbeit fördert und somit effektiver auf Umweltveränderungen reagieren kann. Darüber hinaus hat eine solche Unternehmenskultur positive Effekte auf die Leistungsmotivation der Organisationsteilnehmer, wenn diese sich mit den dort praktizierten Werten und Normen identifizieren können. Des Weiteren wird ein Unternehmen mit einer erfolgreichen Kultur ebenfalls von Kunden und Lieferanten bevorzugt. Möchte ein Unternehmen seine Kultur verändern, sollten für den weiteren Lernprozess die Zukunftsvorstellungen sowie die Unternehmensstrategien geklärt sein und ein transparentes klares Leitbild vorliegen. Die Führungsebene fungiert dabei als Vorbildrolle und sollte neue Handlungsgrundsätze im Austausch mit den Mitarbeitern entwickeln, um eine erfolgreiche Etablierung der neuen Kultur sicherzustellen.

Mit Blick auf das Planspiel sollte bedacht werden, dass die Unternehmenskultur als weicher Erfolgsfaktor oftmals bei unternehmerischen Veränderungen nicht ausreichend berücksichtigt wird. Vielfach werden die Organisationsteilnehmer mit ihren Bedürfnissen und Kompetenzen nicht in den Veränderungsprozess miteinbezogen. Das Ausblenden dieser Thematik kann langfristig Probleme nach sich ziehen, wie sie in Kapitel 6.4 Personalbeschreibung und 6.5 Problemstrukturen beschrieben werden.


Literatur

Homma, N. & Bauschke, R. (2010). Unternehmenskultur und Führung. Den Wandel gestalten - Methoden, Prozesse, Tools. Wiesbaden: Gabler.

Berner, W. (2012). Culture Change. Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.

Icks, A. (2012). Unternehmenskultur. In: Offensive Mittelstand (Hrsg.), Unternehmensführung für den Mittelstand (S. 123-136). Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.

Sackmann, S. A. (2004). Erfolgsfaktor Unternehmenskultur. Mit kulturbewusstem Management Unternehmensziele erreichen und Identifikation schaffen - 6 Best Practice-Beispiele. Wiesbaden: Gabler.